Was passierte denn neben der Bundestagswahl noch im Jahr 2017?: Mindestlohn, Pflegereform und das 2. Bürokratieentlastungsgesetz
MINDESTLOHN
Künftig erhalten Arbeitnehmer einen höheren gesetzlichen Mindestlohn. Die Lohnuntergrenze steigt Anfang 2017 von derzeit 8,50 € auf 8,84 € pro Stunde. Der branchenspezifische Mindestlohn steigt in vielen Berufszweigen, so z.B. in Pflegeberufen auf 9,50 € Ost/ 10,20 € West, im Dachdeckerhandwerk bundeseinheitlich auf 12,25 €, im Elektrohandwerk auf 10,65 € West/ 10,40 € Ost und im Gebäudereinigungshandwerk auf 9,05 € Ost/ 10 € West.
REFORMATIONSTAG
Der 31. Oktober 2017 ist anlässlich des 500jährigen Reformationsjubiläums dieses Jahr einmalig ein bundesweiter gesetzlicher Feiertag.
SACHBEZUGSWERTE
Die Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) regelt, ob Sachbezüge beitragspflichtig zu berücksichtigen sind. Bei Mahlzeiten steigt der Monatswert auf 241 €. Dagegen bleibt der Wert für die Unterkunft bei monatlich 223 €. Der Gesamtsachbezugswert liegt somit bei 464 € monatlich.
BASISRENTE
Die Beiträge zu einer Basis-Rente können zusammen mit denen zur gesetzlichen Rentenversicherung vom zu versteuernden Einkommen als Sonderausgaben abgezogen werden. Im Januar steigt der abzugsfähige Betrag auf 23.632 € (bzw. 46.724 Euro bei Verheirateten). Tatsächlich ansetzbar sind davon 84 % (im Vorjahr: 82 %).
FLEXIRENTE
Mit der Einführung Flexi-Rente in 2017 soll es künftig einfacher werden, im Alter einem Zuverdienst nachzugehen und gleichzeitig eine vorgezogene Rente zu beziehen. Die festen Zuverdienstgrenzen fallen weg. Künftig gilt: wird ab einem Alter von 63 Jahren eine Hinzuverdienstgrenze von 6.300 € pro Jahr überschritten, werden künftig 40 % des Betrages von der Rente abgezogen. Allerdings ist der rentenneutrale Hinzuverdienst auch nach oben gedeckelt. Wer mit Teilrente und Hinzuverdienst mehr als sein früheres Bruttoeinkommen verdient, muss dies voll auf die Rente anrechnen lassen.
Ebenfalls neu ist die Regelung für den vorzeitigen Ruhestand und den damit verbundenen Abzügen vom Rentenanspruch. Für jeden Monat, der früher in Rente gegangen wird, reduziert sich die Rente um 0,3 %. Bislang war es möglich, diese Abschläge durch höhere Einzahlungen auszugleichen. Mehr einzahlen durfte man aber erst ab 55 Jahren. Mit der Flexi-Rente wird diese Grenze nach unten verschoben. Es ist schon ab 50 Jahren möglich, Ausgleichszahlungen zu tätigen.
Eine weitere Änderung gibt es für Arbeitnehmer, die länger als bis zum eigentlichen Renteneintrittsalter arbeiten. Wenn ein Arbeitnehmer aktuell über das Renteneintrittsalter hinaus arbeitet, erhält er – sofern er keine Rente bezieht – einen Anspruchszuschlag in Höhe von 0,5 % pro Monat. Allerdings muss er keine Sozialversicherungsbeiträge mehr zahlen und somit haben die Einkünfte keinen Einfluss mehr auf die Rentenhöhe. Künftig bleiben die Zuschlag-Regelungen bei Nichtbezug von Rente bleibt bestehen. Zusätzlich sollen diejenigen, die freiwillig weiter Beiträge zahlen, dadurch aber auch ihre Rentenansprüche erhöhen.
SOZIALVERSICHERUNGSBEITRÄGE
Für die Pflegeversicherung steigt der Beitrag 2017 um 0,2 Prozentpunkte auf 2,55 %. Kinderlose Versicherte müssen zusätzlich einen Zuschlag von 0,25 % zahlen, ihr Beitragssatz beträgt dann 2,8 %. Der Beitrag zur Rentenversicherung wird sich 2017 nicht ändern, er liegt weiterhin bei 18,7 %. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung bleibt mit 1,1 % ebenfalls stabil.
BEITRAGSBEMESSUNGSGRENZE
Für die Renten- und Arbeitslosenversicherung steigt die Beitragsbemessungsgrenze (BMG) im Westen von 6.200 auf 6.350 € Brutto-Monatseinkommen, im Osten von 5.400 auf 5.700 €. Oberhalb dieser Einkommensgrenze müssen keine Beiträge an diese Sozialversicherungen abgeführt werden. In der Kranken- und Pflegeversicherung gibt es eine bundeseinheitliche Beitragsbemessungsgrenze von monatlich 4.350 €. Die Versicherungspflichtgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung, auch als Jahresarbeitsentgeltgrenze bezeichnet, legt die Höhe des Einkommens eines Arbeitnehmers fest, bis zu der er in einer gesetzlichen Krankenkasse pflichtversichert sein muss. Verdient ein Arbeitnehmer mehr als diesen Grenzwert kann er freiwillig versichertes Mitglied in der gesetzlich Krankenversicherung bleiben, sich aber auch privat versichern. Für Beamte und Selbständige gilt diese Regelung nicht. Sie können sich immer privat versichern. Die Versicherungspflichtgrenze war 2016 auf ein Einkommen von 56.250 € im Jahr festgelegt und wird 2017 auf 57.600 € im Jahr steigen.
BETRIEBLICHE ALTERSVORSORGE
Mit der Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze der Teil des Gehalts, den der Arbeitnehmer steuer- und abgabenfrei in eine Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds investieren kann. Der geförderte Höchstbetrag steigt von 2.976 auf 3.048 € jährlich.
KINDERGELD und KINDERFREIBETRAG
Durch die Kindergelderhöhung in 2017 steigt die Leistung um je 2 € und beträgt dann für das erste und zweite Kind 192 €, für das dritte Kind 198 € und für jedes weitere Kind 223 € pro Monat. Der Kinderfreibetrag erhöht sich im kommenden Jahr zunächst von 4.608 € auf 4.716 Euro, 2018 auf 4.788 €.
Der steuerliche Grundfreibeitrag steigt ebenfalls in zwei Schritten auf 8.820 € (2017) beziehungsweise 9.000 € (2018). Der Kinderzuschlag wird 2017 um 10 € erhöht. Eltern, die sonst auf Hartz 4 angewiesen wären, erhalten je Kind dann bis zu 170 €.
KINDESUNTERHALT
Ab 2017 steigt der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder gemäß § 1 der Mindestunterhaltsverordnung in der ersten Altersstufe auf 342 €, in der zweiten auf 393 € und in der dritten auf 460 €.
HARTZ IV
Für Erwachsene und leistungsberechtigte Schulkinder unter 14 Jahren gibt es ab Januar 2017 eine Erhöhung des Regelsatzes: Für Kinder zwischen sechs und 13 Jahren steigt der Regelsatz von 270 auf 291 €, für Erwachsene von 404 auf 409 €. Paare erhalten künftig 368 statt 364 €. Jugendliche von 14 bis 18 Jahren bekommen wie Erwachsene fünf € mehr im Monat und liegen damit bei 311 €.
STEUERERKLÄRUNG
Ab 2017 sollen neue Abgabefristen für Steuererklärungen gelten. Künftig müssen diese erst bis zum 31. Juli des Folgejahres beim Finanzamt eingehen – für die Steuererklärung 2017 also bis zum 31. Juli. 2018. Wird ein Steuerberater beauftragt, hat dieser künftig sogar bis zum 28/29. Februar des übernächsten Jahres Zeit – für die Steuererklärung 2017 ist also der 28./29. Februar 2019 Fristende. Auch neu ist, dass künftig mit der Steuererklärung auch keine Belege mehr eingereicht werden müssen, jedoch kann das Finanzamt die Unterlagen bei Bedarf anfordern. Damit wird aus einer Belegvorlagepflicht eine Belegvorhaltepflicht.
SPENDENQUITTUNG
Um Spenden oder Mitgliedsbeiträge als Sonderausgaben steuerlich geltend zu machen, musste bisher dem Finanzamt einen Spendennachweis vorlegt werden. Bei Spenden bis zu einer Höhe von 200 € reichte ein vereinfachter Nachweis, zum Beispiel ein Ausdruck der Buchungsbestätigung. Künftig müssen Belege nur noch vorgelegt werden, wenn Sie das Finanzamt dazu auffordert. Das Finanzamt kann die Vorlage allerdings bis zum Jahresende des Kalenderjahres verlangen, in dem der Steuerbescheid verschickt wurde. Solange müssen die Unterlagen aufbewahrt werden.
GESAMTSOZIALVERSICHERUNGSBEITRÄGE
Ab 2017 haben auf der Grundlage des neuen Bürokratieentlastungsgesetzes alle Betriebe künftig die Wahl zwischen dem Schätzverfahren und der vereinfachten Regelung. Gesamtsozialversicherungsbeiträge sind in voraussichtlicher Höhe am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die Beschäftigung ausgeübt worden ist; ein Restbeitrag wird zum drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats fällig. Außerdem hat der Arbeitgeber der Einzugsstelle am fünftletzten Arbeitstag des Monats einen Beitragsnachweis durch Datenübertragung zu übermitteln. Für die Ermittlung der Höhe von Beitragszahlung und -nachweis gibt es seit 2006 zwei Verfahren. Grundsätzlich hat der Arbeitgeber die Höhe der Beitragsschuld gewissenhaft zu schätzen (Schätzverfahren). Wenn die Lohn- und Gehaltsabrechnung bereits bis zum fünftletzten Arbeitstag des Beitragsmonats durchgeführt wird, ist der Abrechnungsbetrag maßgeblich.
ELEKTRONISCHE RECHNUNG
Gemäß der EU-Richtlinie 2014/55/EU müssen die EU-Staaten sicherstellen, dass öffentliche Auftraggeber der Norm entsprechende elektronische Rechnungen bis Ende Mai 2017 ausstellen können. Ein einheitliches Datenformat ist Voraussetzung für die Einführung der elektronischen Rechnung. Das Forum elektronische Rechnung Deutschland (FeRD) hat ein einheitliches Datenformat entwickelt, das kostenlos zum Download zur Verfügung steht: ZUGFeRD. Partner müssen beim Versand einer E-Rechnung keine Absprachen mehr über das Datei-Format treffen. Das ZUGFeRD-Format funktioniert dabei als Container für eine PDF-Datei und eine XML-Datei.
PFLEGEREFORM
Mit Inkrafttreten der Pflegereform kommt es ab Januar 2017 zu weitreichenden Neuregelungen. Anstelle der bisherigen drei Pflegestufen gibt es künftig fünf Pflegegrade, viele Pflegebedürftige erhalten durch die Umstellung monatlich mehr Geld. Im stationären Bereich wird ein für alle Einrichtungen einheitlicher Eigenbetrag eingeführt.
VERBRAUCHERSCHUTZ
Künftig gilt für Kündigungen die Text- anstelle der Schriftform. So kann nun beispielsweise der Handy-Vertrag auch per E-Mail oder Fax gekündigt werden, es muss nicht mehr per Brief sein. Die sogenannte Schriftform, die aus Text und eigenhändiger Unterschrift besteht, darf nicht mehr in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen gefordert werden. Eine Ausnahme gilt bei notariell beurkundeten Verträgen.
EINGLIEDERUNGSHILFE
Ab 2017 werden die Freibeträge für Erwerbseinkommen um bis zu 260 € monatlich erhöht, die Vermögensfreigrenze liegt dann bei 25.000 €. Bis 2020 soll die Freigrenze auf 50.000 € angehoben werden. Das Partnereinkommen wird nicht angerechnet. Arbeitgeber werden künftig durch ein „Budget für Arbeit“ unterstützt. Wenn sie Menschen mit wesentlicher Behinderung einstellen, erhalten sie Lohnkostenzuschüsse von bis zu 75 %.
PRIVATE KRANKENVERSICHERUNG
Der Großteil der Privatversicherten wird im nächsten Jahr von einer Beitragserhöhung betroffen sein. Dabei drohen die Prämien im Schnitt um mehr als 10 % zu steigen. In den vorangegangen Jahren betrug die Beitragssteigerung durchschnittlich nur 3,6 %.
RAUCHMELDER
Als letztes Bundesland gilt nun auch in Berlin für Neubauten die Pflicht zum Einbau von Rauchmeldern. Sind keine Rauchmelder im Gebäude installiert, kann die Gebäudeversicherung im Schadensfall die Leistungen verweigern oder zumindest kürzen.
ELEKTROAUTO
Das Aufladen von Elektroautos im Hub des Arbeitgebers ist für Mitarbeiter künftig steuerfrei, die „Tankfüllung“ wird nicht als geldwerter Vorteil versteuert. Auch Arbeitgeber profitieren: Sie können über die Lohnsteuer den Aufbau von Ladestationen auf ihrem Betriebsgelände bezuschussen lassen. Beides sieht der Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums zur steuerlichen Förderung von Elektromobilität im Straßenverkehr vor, dem der Bundesrat bereits zugestimmt hat. Auch, wer sich ein Elektroauto neu zulegt spart künftig: Ab der Erstzulassung gilt zehn Jahre lang eine Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer. Zusätzlich erhält jeder Käufer eines rein elektrisch betriebenen Fahrzeugs eine Prämie von 4.000 €.
UMZUGSKOSTENPAUSCHALE
Ab dem 1. Februar 2017 werden die Beträge angehoben. Dann können Verheiratete 1.528 € und Singles 764 € veranschlagen. Kinder oder andere Familienangehörige, die von dem Wohnungswechsel betroffen sind, können mit 337 € geltend gemacht werden.
ARBEITNEHMERÜBERLASSUNGSGESETZ
Ab April 2017 gelten neue Regeln für die Leiharbeit, es gilt nun der Equal-Pay-Grundsatz: Nach 9 Monaten soll die vollständige Gleichstellung von Leiharbeitnehmern mit der Stammbelegschaft erfolgen. Die zulässige Höchstüberlassungsdauer soll maximal 18 Monate betragen.
KÜNSTLERSOZIALABGABE
Der Prozentsatz der Künstlersozialabgabe im Jahr 2017 beträgt 4,8 %.
INSOLVENZGELDUMLAGE
Die Insolvenzgeldumlage wird ab dem 1. Januar 2017 erneut gesenkt. Sie beträgt dann 0,09 % des rentenversicherungspflichtigen Arbeitsentgelts. Die Insolvenzgeldumlage ist mit wenigen Ausnahmen von allen Arbeitgebern für jeden Arbeitnehmer zu zahlen.
LOHNSTEUERANMELDUNG
Sollte das 2. Bürokratieentlastungsgesetz rechtzeitig beschlossen werden, sind Lohnsteueranmeldungen quartalsweise abzugeben, wenn die abzuführende Lohnsteuer zwischen 1.080 bis 5.000 € beträgt. Bislang galt die monatliche Meldung bereits ab 4.000 €.
KLEINBETRAGSRECHNUNG
Mit dem 2. Bürokratieentlastungsgesetz wird die umsatzsteuerliche Wertgrenze für Kleinbetragsrechnungen von 150 auf 200 € ansteigen (§ 33 UStDV).
KURZFRISTIGE BESCHÄFTIGUNG
Mit dem neuen Bürokratieentlastungsgesetz steht auch eine Erhöhung der Pauschalierungsgrenze für kurzfristig Beschäftigte an. Anstatt eines durchschnittlichen Tageslohns i. H. v. 68 € soll ab 2017 ein Wert mit 72 € gelten.
INSIKA
Die im BMG-Schreiben von 2010 festgelegte Übergangsfrist hinsichtlich der elektronischen Sicherung und Aufbewahrung von durch Fiskaltaxameter und elektronische Kassen erzeugten Daten endet 2016. Nach den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Buchführung (GoBD) dürfen damit nur noch rechtssichere elektronische Kassensysteme eingesetzt werden. Danach müssen alle steuerlich relevanten Einzeldaten einschließlich der mit der Registrierkasse erzeugten Rechnung unveränderbar und vollständig aufbewahrt werden. Neue Softwarestandards wurde jedoch noch nicht gesetzlich eindeutig bestimmt, das eigentlich dafür erarbeitete INISKA-Verfahren (Integrierte Sicherheitslösung für messwertverarbeitende Kassensysteme) wurde in der Gesetzgebung noch nicht umgesetzt.
EEG-UMLAGE
Die sogenannte Ökostrom-Umlage wird von 6,35 Cent auf 6,88 Cent pro Kilowattstunde angehoben. Diese Umlage zahlen Verbraucher über die Stromrechnung.